PRESSEMITTEILUNG

Deutschland braucht eine Forschungsdateninfrastruktur für das 21. Jahrhundert

  • Die deutsche Forschungsdateninfrastruktur ist im internationalen Vergleich rückständig. Wichtige Daten fehlen, Daten lassen sich kaum verknüpfen und der Datenzugang ist benutzerunfreundlich.
  • Die Statistikgesetzgebung sollte outputorientiert sein, also festlegen, welche Informationsbedarfe die amtliche Statistik erfüllen soll. Sie sollte ihr aber Freiheit bei den konkreten Erhebungen lassen, um schnellere Reaktionen auf neue Entwicklungen zu ermöglichen.
  • Forschung ist essenzielle Grundlage von Politikentscheidungen. Daher sollte zügig ein Forschungsdatengesetz verabschiedet werden, das der Forschung ein hohes Gewicht in der Güterabwägung zum Datenschutz einräumt und so die Auswertung der erhobenen Daten durch unabhängige Forschung überhaupt erst ermöglicht.

Die Dateninfrastruktur in Deutschland ist im internationalen Vergleich rückständig. Es bestehen erhebliche Defizite im Umfang und in der zeitnahen Verfügbarkeit von Daten sowie in den Möglichkeiten der Datenverknüpfung. Dies erschwert datenbasierte empirische Analysen, die eine essenzielle Grundlage für evidenzbasierte Politikberatung und Entscheidungen in der Politik und der öffentlichen Verwaltung sind. Die Folgen geplanter Maßnahmen können aufgrund der schlechten Dateninfrastruktur nur schwer abgeschätzt sowie die Effektivität und Effizienz implementierter Maßnahmen nur unzureichend beurteilt werden.

„Die Corona- und die Energiekrise haben gezeigt, dass eine zuverlässige und rasch verfügbare Datengrundlage für effektive Maßnahmen und deren Evaluierung unverzichtbar ist. Jede Verbesserung der deutschen Dateninfrastruktur ist eine Investition in besser fundierte, zielgenauere und kosteneffizientere Politikentscheidungen“, betont Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft.

Eine mehrgleisige Strategie ist nötig, um die Rückstände abzubauen. Dazu gehört eine Neuausrichtung der Statistikgesetzgebung. Statt konkrete Erhebungen gesetzlich zu definieren, sollte sie vielmehr festlegen, welche Informationen und Dienstleistungen die amtliche Statistik bereitzustellen hat. Mit welchen konkreten Erhebungen dies geschieht, sollte vom Statistischen Verbund selbst entschieden werden. Eine solche outputorientierte Statistikgesetzgebung ermöglicht gerade in Krisenzeiten, sehr rasch die benötigten Informationen zu erheben und zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sollte das Statistische Bundesamt einen Forschungsauftrag erhalten und damit beauftragt werden, Forschungsdaten bereitzustellen. Die Reaktionsschnelligkeit und die Qualität der amtlichen Statistik sollten durch höhere personelle und finanzielle Ressourcen verbessert werden.

Um bestehende Datenlücken zu schließen, sollten zusätzliche Daten beispielsweise in den Bereichen Bildung und Vermögen erhoben sowie eine hochfrequente Haushaltserhebung etabliert werden. Das größte Potenzial zur Verbesserung des Datenangebots der amtlichen Statistik bietet eine deutlich umfangreichere Nutzung administrativer Prozessdaten. Diese stehen kostengünstig, zeitnäher und ohne zusätzliche Belastungen für Unternehmen und Haushalte zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie oft deutlich genauer sind als Befragungsdaten.

Ein Forschungsdatengesetz, das der Forschung umfangreiche Rechte zur Nutzung und Verknüpfung von Daten einräumt, sollte zügig verabschiedet werden. Es sollte der Forschung bei der Güterabwägung zum Datenschutz ein hohes Gewicht einräumen, um die Auswertung der erhobenen Daten durch unabhängige Forschung überhaupt erst möglich zu machen. Um den Datenzugang benutzerfreundlicher zu gestalten, sollte der Fernzugriff als Standardzugangsweg für Forschungsdaten etabliert und der Zugriff auf das öffentlich zugängliche Datenangebot des Statistischen Verbunds auf den neuesten technischen Stand gebracht werden.