PRESSEMITTEILUNG
Zusätzlichkeit und Transparenz im Sondervermögen verankern, um Wachstumsaussichten zu verbessern
- Die Zusätzlichkeit und Investitionsorientierung der Ausgaben des Sondervermögens für Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) fällt in der Finanzplanung bisher gering aus.
- Die Investitionsquote im Kernhaushalt des Bundes sollte konsistent berechnet werden. Zudem sollten die gesetzlichen Vorkehrungen für die Zusätzlichkeit verschärft werden. Ein konsequentes Monitoring sollte die sachgerechte Mittelverwendung absichern.
- Das SVIK sollte nicht genutzt werden, um im Kernhaushalt Spielräume zur Finanzierung fragwürdiger Maßnahmen zu schaffen. Vielmehr sollten mittel- bis langfristig notwendige Haushaltskonsolidierungen zeitnah angegangen werden.
Die aktuell geplanten Ausgaben aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) werden nur eine geringe positive Wirkung auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) haben, sodass die Schuldenstandsquote im kommenden Jahrzehnt deutlich steigen wird. Die Mittel des Sondervermögens sollten für Investitionen ausgegeben werden, die über die bisherigen Planungen hinausgehen. In der derzeitigen Haushaltsgesetzgebung fällt die Zusätzlichkeit und Investitionsorientierung zu gering aus. Daher sollten die gesetzlichen Vorgaben, die die Zusätzlichkeit gewährleisten sollen, verschärft werden. Auch für die Länder und den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fehlen klare Regeln, die sicherstellen, dass die Mittel des SVIK dort zusätzlich genutzt werden.
Fehlende Zusätzlichkeit untergräbt Wachstumspotenzial
Bis zum Jahr 2030 lassen sich lediglich 98 Milliarden Euro aus dem SVIK als zusätzliche Ausgaben für Klimaneutralität und Investitionen klassifizieren. Damit liegt die Zusätzlichkeit unter 50 Prozent. In der Folge fällt das erwartete Wachstum geringer aus als bei einem strikt investitionsorientierten Ausgabenplan. Mit dem aktuellen Ausgabenpfad wird die Schuldenstandsquote im Jahr 2035 auf über 85 Prozent des BIP steigen. Würden die Mittel vollständig zusätzlich und investitionsorientiert eingesetzt, wäre die positive Wirkung auf die Gesamtwirtschaft deutlich höher. Dadurch würde auch die Schuldenstandsquote weniger stark steigen.
Investitionsquote im Kernhaushalt gesetzlich präzisieren
„Aktuell wird die Investitionsquote im Kernhaushalt künstlich erhöht, weil der Investitionsbegriff zu weit gefasst ist und Investitionen im Verteidigungsbereich uneinheitlich einbezogen werden“, sagt Martin Werding, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. Bei der Berechnung der Investitionsquote im Kernhaushalt sollten Verteidigungsausgaben nicht berücksichtigt werden, wenn man die Zusätzlichkeit der schuldenfinanzierten Investitionen sicherstellen will. Um die Investitionsquote im Kernhaushalt des Bundes transparent und konsistent zu berechnen, sollten die Ausgaben der Bereichsausnahme Verteidigung im Zähler und Nenner einheitlich ausgenommen werden. Bisher ist das nicht der Fall. Darüber hinaus sollte die Investitionsquote nicht nur bei der Planung des Kernhaushalts herangezogen werden, sondern sie muss in der Ausführung (Haushaltsvollzug) auch tatsächlich erreicht werden. Sollte die Umsetzung hinter der Planung zurückbleiben, könnten die geplanten Investitionen über eine verbindliche Nachholregel in das nächste Haushaltsjahr übertragen werden.
Zusätzlichkeit auf Länder, Gemeinden und den KTF ausweiten
Nicht nur beim Bund, auch für die SVIK-Mittel der Länder ist es zentral, dass diese zusätzlich und investiv verausgabt werden. Eine länderspezifische Investitionsquote eignet sich, um sicherzustellen, dass zusätzliche Investitionen erfolgen. Auch sollten notwendige Konsolidierungsanstrengungen in den Länderhaushalten durch die Inanspruchnahme der SVIK-Mittel nicht unterlaufen werden.
Die Kommunen sind zentrale Träger der öffentlichen Investitionen für Bildung und Verkehrsinfrastruktur. Damit die Mittel aus dem SVIK, die den Ländern zufließen, wirksam eingesetzt werden, sollten die Kommunen verbindlich mindestens 60 Prozent des Anteils der Länder am SVIK erhalten.
Für den KTF bestehen keinerlei institutionelle Vorkehrungen, die sicherstellen, dass die Mittel aus dem SVIK zusätzlich zur Erreichung der Klimaneutralität eingesetzt werden. Die Finanzplanung der Regierung legt nahe, dass SVIK-Zuweisungen an den KTF verwendet werden, um bestehende Lücken im Finanzplan zu füllen. Um dies zu verhindern, könnten Maßnahmen von einer Finanzierung aus dem SVIK ausgeschlossen werden, die bereits in früheren KTF-Wirtschaftsplänen (vor dem Jahr 2025) vorgesehen waren.
Monitoring gesetzlich verankern
Um die Zielgenauigkeit der SVIK-Mittel sicherzustellen, ist ein systematisches Monitoring notwendig. Ein gesetzlich verankertes unabhängiges Monitoring-Gremium könnte die Verwendung der Mittel überwachen und auf Fehlentwicklungen hinweisen. Ein rollierender fünfjähriger Finanzplan für Bund und Länder würde die Steuerung der Ausgaben unterstützen und Transparenz und Verlässlichkeit herstellen. Für weitere Transparenz kann ein bundesweites Projektregister beitragen, das alle relevanten Informationen und Meilensteine über den Projektfortschritt festhält.
Konsolidierungsbedarf zeitnah angehen
Der Bundeshaushalt muss nachhaltig stabilisiert werden. Kurzfristig sollten fragwürdige Ausgaben wie die Ausweitung der Mütterrente, die Umsatzsteuerermäßigung in der Gastronomie, die Anhebung der Entfernungspauschale und die Wiedereinführung der Dieselkraftstoffsubventionen für Land- und Forstwirtschaft unterbleiben. Diese Konsolidierungsmaßnahmen reichen allerdings bei weitem nicht aus, um die derzeitigen finanz- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen zu bewältigen. Um Tragfähigkeit und Krisenfestigkeit der Staatsfinanzen zu sichern, sollten die Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung perspektivisch wieder aus dem Kernhaushalt finanziert werden, sobald das SVIK verausgabt und der Nachholbedarf bei der Verteidigung gedeckt ist.
