PRESSEMITTEILUNG
Europa: Potenziale des Binnenmarktes ausschöpfen und Verteidigungsfähigkeit gemeinsam stärken
- Im europäischen Binnenmarkt gibt es nach wie vor hohe Handelsbarrieren, so dass die EU hinter ihrem wirtschaftlichen Potenzial zurückbleibt. Eine tiefere Integration ist entscheidend für die Standortattraktivität und das Produktivitätswachstum in Europa.
- Handelsbarrieren sollten reduziert und Unternehmen sollte die grenzüberschreitende Tätigkeit, Finanzierung und Gründung erleichtert werden.
- Um die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken, sollten Verteidigungsgüter in Europa koordiniert beschafft sowie militärische Innovationen gemeinsam gefördert werden.
Die EU bleibt bisher deutlich hinter ihrem wirtschaftlichen Potenzial zurück. Um die Chancen des europäischen Binnenmarktes voll auszuschöpfen, müssen Handelsbarrieren abgebaut, der Kapitalmarkt gestärkt und die Fragmentierung im Verteidigungsmarkt überwunden werden. Ein tieferer europäischer Binnenmarkt kann entscheidend zu einer effizienten Allokation von Ressourcen beitragen und das Produktivitätswachstum erhöhen. „Europa verschenkt bisher sein wirtschaftliches Potenzial. Wenn Europa als Wirtschaftsraum global wieder eine größere Rolle spielen will, muss sich die Europäische Union auf die Gründungsidee besinnen und den Binnenmarkt deutlich stärken”, sagt Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. Nur so kann die EU als Standort für zukunftsorientierte Unternehmen attraktiv bleiben. Um Handelsbarrieren im Binnenmarkt abzubauen, sollten beispielsweise territoriale Lieferbeschränkungen reduziert und ein 28. Regime im Unternehmensrecht eingeführt werden. Bei der Verteidigungsfähigkeit kann ein gemeinsames europäisches Vorgehen einen deutlichen Mehrwert schaffen. Wenn dies ökonomisch effizient gestaltet wird, wäre es einzelstaatlichem Handeln klar überlegen.
Europäischer Verteidigungsbinnenmarkt besonders stark fragmentiert
In Europa werden Verteidigungsgüter vor allem national beschafft. Eine tiefere Integration des europäischen Verteidigungsbinnenmarktes hätte wirtschaftliche Vorteile für die EU-Mitgliedstaaten: Würde die Nachfrage der Mitgliedstaaten gebündelt, würden damit die Anreize zur Skalierung der Produktion erhöht, die Verhandlungsposition der Staaten gegenüber der Industrie gestärkt und so Kostenvorteile geschaffen.
Neben einer koordinierten Beschaffung von Verteidigungsgütern sollten auch militärische Innovationen in Europa gemeinsam gefördert werden, um die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Die Forschungsinvestitionen, die notwendig wären, um etwa hochtechnologische Verteidigungssysteme zu entwickeln, übersteigen die Kapazitäten der einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Daher sollten militärische Innovationen in gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten gefördert werden. Zudem sollte eine gemeinschaftliche Finanzierung ausgelotet werden, die die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen nicht gefährdet. Ein stärkerer Fokus auf europäische Lieferanten würde die Resilienz Europas erhöhen.
Handelsbarrieren abbauen
Der europäische Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen birgt enormes Potenzial, die EU zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort zu machen. Derzeit ist die EU jedoch weit davon entfernt, dieses Potenzial auszuschöpfen. Nach wie vor erschweren Handelsbarrieren den grenzüberschreitenden Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital und verhindern damit eine effiziente Arbeitsteilung und Allokation von Ressourcen. Um den Binnenmarkt zu vertiefen, sollten territoriale Lieferbeschränkungen reduziert und Vorschriften harmonisiert werden, beispielsweise durch die Einführung eines 28. Regimes im Unternehmensrecht. Das 28. Regime ist ein einheitlicher regulatorischer Rahmen, der neben den nationalen Gesetzgebungen existiert. Mit einer solchen EU-weiten Rechtsform könnten Unternehmen vollkommen digital gegründet werden und würden einem einheitlichem Insolvenzrecht unterliegen. Insbesondere junge, innovative Unternehmen mit neuen Technologien würden somit von der Größe des Binnenmarktes profitieren.
Fragmentierung der europäischen Staatsanleihemärkte verringern
Auf der Finanzierungsseite würde die europäische Wirtschaft von einem einheitlichen, liquiden Kapitalmarkt profitieren. Ein tiefer Kapitalmarkt müsste attraktive, sichere Anlagen anbieten, die als Sicherheit und Preis-Benchmark für Finanzgeschäfte dienen. Zusätzlich könnte dies die Attraktivität des Euro als internationale Reservewährung stärken. Um ein European Safe Asset mit hoher Liquidität und Kreditwürdigkeit zu schaffen, könnten sogenannte ESBies (European Safe Bonds) ausgegeben werden. Dazu werden Staatsanleihen der Mitgliedstaaten nach einem festen Schlüssel gebündelt und in einen sicheren und einen risikoreichen Teil tranchiert. Der Vorteil von ESBies ist, dass dazu weder die Europäischen Verträge angepasst noch gemeinsame Schulden gemacht werden müssen.
