PRESSEMITTEILUNG
Erbschaften und Schenkungen gleichmäßiger besteuern und den privaten Vermögensaufbau stärken
- Die Vermögensungleichheit ist in Deutschland im europäischen Vergleich hoch, seit dem Jahr 2010 jedoch stabil.
- Der Sachverständigenrat Wirtschaft schlägt die Einführung eines staatlich geförderten Vorsorgedepots vor, das zur Alterssicherung beiträgt und die Vermögensbildung auch bei einkommensschwachen Haushalten stärken sollte.
- Eine Reform der Erbschaftsteuer sollte die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen reduzieren und so für eine gleichmäßigere Besteuerung aller Vermögensarten sorgen. Eine großzügige Stundung der Steuerlast könnte eine übermäßige Liquiditätsbelastung von Betrieben vermeiden.
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer sollte reformiert werden, um für eine gleichmäßigere Besteuerung aller Vermögensarten zu sorgen. Dazu sollte die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen deutlich verringert werden. Um die private Vermögensbildung zu stärken, sollte ein staatlich gefördertes Vorsorgedepot eingeführt werden. Damit kann breiten Bevölkerungsschichten ein Vermögensaufbau durch höhere Beteiligung am Kapitalmarkt ermöglicht werden.
Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Verschiedene Vermögensarten werden bei Erbschaft und Schenkung ungleichmäßig besteuert. Vor allem Betriebsvermögen werden steuerlich stark begünstigt. „Die Verschonungsregelungen für das Betriebsvermögen sorgen dafür, dass ausgerechnet sehr hohe Erbschaften und Schenkungen häufig nur vergleichsweise gering besteuert werden“, erläutert Achim Truger, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. „Es bedarf einer Reform, die die aktuellen Verschonungsregelungen einschränkt und die Erbschaft- und Schenkungsteuer stärker am Leistungsfähigkeitsprinzip ausrichtet.“ Um eine gleichmäßigere Besteuerung zu erzielen, sollte bei Betriebsvermögen unter 26 Millionen Euro der Verschonungsabschlag erheblich reduziert werden. Für Betriebsvermögen über 26 Millionen Euro sollte die Verschonungsbedarfsprüfung abgeschafft oder zumindest erheblich eingeschränkt werden. Um eine übermäßige Liquiditätsbelastung der Unternehmen, die übertragen werden, durch die Besteuerung zu vermeiden, sollten großzügige Stundungsmöglichkeiten eingeführt werden.
Vor der Besteuerung werden übertragene Vermögen um persönliche Freibeträge verringert. Anstelle der bisherigen Freibeträge, die alle 10 Jahre in Anspruch genommen werden können, könnte ein Lebensfreibetrag für alle im gesamten Leben kumuliert erhaltenen Vermögensübertragungen eingeführt werden. Dies würde bewirken, dass die Steuerlast ausschließlich von der Höhe des übertragenen Vermögens abhängt und nicht mehr vom Zeitpunkt der Übertragung. Dies verringert steuerliche Gestaltungsspielräume und richtet die Besteuerung stärker an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit aus.
Privaten Vermögensaufbau stärken
Die Vermögensungleichheit ist in Deutschland im europäischen Vergleich hoch. Sie ist in den Jahren zwischen 1993 bis 2008 angestiegen und seit den 2010er-Jahren konstant geblieben. Entlang der Vermögensverteilung variiert die Zusammensetzung der Vermögen. In der Folge wachsen sie unterschiedlich stark: Haushalte mit geringem Vermögen besitzen überwiegend Vermögensarten mit geringen Renditen wie Spareinlagen und Lebensversicherungen. Vermögendere Haushalte besitzen überwiegend Immobilien sowie börsen- und nicht-börsennotiertes Betriebsvermögen und erzielen dadurch höhere Renditen.
Die Vermögensbildung privater Haushalte kann durch eine höhere Beteiligung am Kapitalmarkt und eine verbesserte Förderung des Vermögensaufbaus gestärkt werden. Der Sachverständigenrat Wirtschaft schlägt dazu ein neues staatlich gefördertes Vorsorgedepot vor, das sowohl der privaten Alterssicherung als auch dem allgemeinen Vermögensaufbau dient. Um insbesondere Haushalte mit niedrigen Einkommen besser als bisher zu erreichen, sollte die Teilnahme möglichst verbindlich gestaltet werden – am besten durch eine automatische Einbeziehung aller Erwerbspersonen. Wesentliche Elemente des Vorsorgedepots sollten renditestarke Fonds, ein einfaches Standardprodukt und flexible Auszahlungsoptionen sein. Um eine begrenzte Produktauswahl mit hoher Qualität und geringen Kosten zu gewährleisten, sollten die Fonds zentral durch eine unabhängige Fondsauswahlbehörde ausgewählt werden. Nach schwedischem Vorbild sollten private Fondsangebote im Wettbewerb zu einem staatlich verwalteten Standardprodukt stehen. Dieses Standardprodukt sollte einem Lebenszyklusmodell folgen, das in jungen Jahren höhere Aktienquoten ermöglicht und das Risiko mit zunehmendem Alter schrittweise reduziert. Das Vorsorgedepot sollte an die geplante Frühstart-Rente anknüpfen und damit die Kontinuität der Vermögensbildung über den gesamten Lebensverlauf stärken.
Haushalte aus den unteren Einkommensgruppen werden durch die fragmentierten und komplexen Förderprogramme für den privaten Vermögensaufbau benachteiligt. Um die staatliche Vermögensförderung systematischer, zielgerichteter und administrativ einfacher auszugestalten, sollten diese Programme in der Förderung des neuen Vorsorgedepots aufgehen. Dabei sollte gezielt die Sparfähigkeit von Haushalten mit geringem Einkommen gestärkt werden.
