Geldpolitik im Spannungsfeld von Inflation und Entlastungen

  • Inflation im Euro-Raum erreicht höchsten Stand seit Gründung der Währungsunion.
  • Ärmere Haushalte sind am stärksten belastet und haben weniger finanzielle Spielräume.
  • Entschlossene Reaktion der Europäischen Zentralbank weiterhin notwendig.

Für den Euro-Raum erwartet der Sachverständigenrat eine Inflationsrate von 8,5 % im Durchschnitt des Jahres 2022. Damit erreicht sie ihren höchsten Stand seit Gründung der Währungsunion. Noch zu Jahresbeginn 2022 war ein Großteil der Inflation auf steigende Energiepreise und Lieferengpässe zurückzuführen. Inzwischen steigen die Preise in der Breite.

Hohe Inflationsraten dämpfen das Wirtschaftswachstum und können sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken. Sie können auch die Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen der Unternehmen nachteilig beeinflussen. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss weiter entschlossen handeln, um die Preisstabilität zu gewährleisten und ihre Glaubwürdigkeit zu erhalten. Die Kunst wird dabei sein, die Zinsen mit Augenmaß zu erhöhen, um die Inflation wirksam zu bekämpfen, ohne dass die Konjunktur übermäßig einbricht. Eine zu starke Reaktion über eine sehr kurze Frist könnte negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaften in Europa haben und die Gefahr einer tieferen Rezession erhöhen. Eine zu schwache oder zu langsame Reaktion könnte die EZB in die Lage bringen, später umso stärker reagieren zu müssen, was das Wachstum und die Beschäftigung noch stärker belasten würde.

Einzelne Haushalte sind durch die Inflation unterschiedlich stark belastet. So müssen ärmere Haushalte ihren Konsum besonders stark einschränken, weil sie einen größeren Anteil ihres Nettoeinkommens für Energie und Lebensmittel ausgeben, die sich zuletzt besonders verteuerten. Deshalb sollten Haushalte mit einem niedrigen Einkommen möglichst zielgenau entlastet werden. Allerdings sollten die Anreize zum Energiesparen erhalten bleiben, indem das Knappheitssignal hoher Energiepreise nicht geschwächt wird.

„Die nationale Fiskalpolitik sollte die Bemühungen der EZB, die Inflation einzudämmen, unterstützen und nicht konterkarieren“, sagt Ulrike Malmendier, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft. Entlastungsmaßnahmen, die die verfügbaren Einkommen in der Breite erhöhen, steigern die Nachfrage deutlich. Dies kann die Inflation weiter antreiben. Daher sollten sich Entlastungsmaßnahmen möglichst gezielt an Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen richten, um den inflationssteigernden Effekt möglichst gering zu halten.

Pressemitteilung Kapitel 2 (PDF)