Energiekrise beschleunigt Strukturwandel, breite Deindustrialisierung aber nicht zu erwarten

  • Die Energiepreise werden in den kommenden Jahren wieder sinken, aber nicht zum Vorkrisenniveau zurückkehren.
  • Der durch die Dekarbonisierung ohnehin anstehende Strukturwandel wird dadurch beschleunigt. Eine breite Deindustrialisierung ist aber nicht zu erwarten.
  • Staatliche Entlastungen sollten nicht darauf abzielen, den Status quo zu erhalten, sondern überlebensfähige Unternehmen und die Transformation der Industrie zu unterstützen.
  • Ein forcierter Ausbau von erneuerbaren Energien wird mittelfristig die Energiekosten der Unternehmen senken und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Die Energiepreise werden in den kommenden Jahren zwar zurückgehen. Sie werden aber mittelfristig immer noch über dem Niveau der vergangenen Jahre liegen und damit auch über dem Preisniveau in vielen anderen Weltregionen. 

Die Unternehmen in Deutschland sind unterschiedlich stark von den hohen Energiepreisen betroffen. Die Energieintensität ist nicht nur zwischen den verschiedenen Industriezweigen sehr unterschiedlich, sondern auch innerhalb einzelner Industriezweige. Während bei einer Vielzahl von Unternehmen die Energiekosten nur rund 1 % der Produktionskosten ausmachen, belasten die hohen Energiepreise vor allem die sehr energieintensiven Wirtschafts-bereiche. Dies gilt insbesondere für die Metallindustrie oder die Herstellung von Glas und Keramik, sowie für besonders energieintensive Produkte aus der chemischen Grundstoff-industrie. Unternehmen in diesen Bereichen stehen häufig im Wettbewerb mit nicht-europäischen Unternehmen und können daher die Kostenanstiege schlechter auf die Produktpreise überwälzen.

Die aktuelle Energiekrise erhöht somit den Druck auf die Unternehmen, ihre Energieintensität zu reduzieren. Dies wird den ohnehin anstehenden Strukturwandel in der Industrie weiter beschleunigen. Die Energieintensität der deutschen Volkswirtschaft ist bereits seit den Ölpreiskrisen der 1970er Jahre rückläufig. Dies wurde durch zwei Entwicklungen getrieben: Weniger energieintensive Wirtschaftszweige haben leicht an Bedeutung gewonnen. Vor allem aber hat sich die Energieeffizienz in den einzelnen Wirtschaftsbereichen erhöht. Wenn von Staat und Unternehmen die Weichen richtig gestellt werden, ist eine breite
Deindustrialisierung des Standorts Deutschland nicht zu erwarten.

„Anders als in der Corona-Pandemie kann es bei den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen jetzt nicht darum gehen, den Status quo zu erhalten. Vielmehr muss es gelingen, denjenigen Unternehmen über die Zeit der höchsten Energiepreise zu helfen, die bei den mittel- und langfristig zu erwartenden Energiepreisen ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell in Deutschland und Europa haben“, erläutert Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft.

Die Verfügbarkeit von günstiger, CO2-armer Energie wird die Energiekosten der deutschen Unternehmen mittelfristig senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Dafür sind
Maßnahmen zur Sicherung von Wasserstoffimporten, ein beschleunigter Ausbau von erneuerbaren Energien, ein Ausbau der Energieinfrastruktur sowie eine Flexibilisierung der Energienachfrage erforderlich.

Pressemitteilung Kapitel 5 (PDF)