Deutschland muss seine Abhängigkeiten reduzieren und sich an die neue Realität anpassen

  • Das deutsche Wirtschaftsmodell beruht maßgeblich auf der starken Integration in die Weltwirtschaft, dabei bestehen jedoch kritische Abhängigkeiten.
  • Abhängigkeiten von Energieimporten und bei kritischen Rohstoffen sollten schnellstmöglich reduziert werden, indem die Bezugsquellen diversifiziert und inländische Produktions- und Lagerkapazitäten ausgebaut werden.
  • Europa sollte seine strategische Autonomie stärken, ohne die außenwirtschaftliche Offenheit einzuschränken.

Angesichts der geopolitischen Veränderungen sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam die europäischen Interessen und Werte mit mehr Nachdruck vertreten sowie ihre strategische Autonomie stärken. Dies gilt insbesondere bei der Versorgung mit kritischen Rohstoffen und Energieträgern. Denn Abhängigkeiten bei Energieimporten oder kritischen Rohstoffen stellen das handelsorientierte deutsche Wirtschaftsmodell vor große Herausforderungen.

„Deutschland muss sich an die neue Realität anpassen“, sagt Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft. „Um Abhängigkeiten zu reduzieren und die Resilienz der Wertschöpfungsketten zu erhöhen, sollten die Energieimporte sowie die Bezugsquellen kritischer Rohstoffe dringend diversifiziert werden.“ Hierbei sind in erster Linie die Unternehmen in der Verantwortung, allerdings sollte der Staat die Diversifizierung gezielt unterstützen. Strategische Allianzen, Handelsverträge oder Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen in Drittstaaten können dabei eine lenkende Wirkung entfalten. Auch könnten langfristige Bezugsverträge für Rohstoffe durch Ungebundene Finanzkredite abgesichert werden.

In strategisch wichtigen Bereichen sollten zudem die Abhängigkeiten durch den Ausbau
europäischer Produktionskapazitäten reduziert werden. Das gilt vor allem für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie den heimischen Abbau kritischer Rohstoffe. Darüber hinaus sollte die Lagerhaltung für Produkte von übergeordneter strategischer Bedeutung ausgebaut werden. Mit einer Abschaffung der steuerlichen Benachteiligung der Lagerhaltung würden Unternehmen selbst stärker auf Lagerhaltung setzen.

Den geopolitischen Verschiebungen sollte durch eine Stärkung europäischer Interessen und Werte begegnet werden. Die Vorteile demokratischer Grundordnungen sollten hervorgehoben und im öffentlichen Diskurs klar benannt werden. Protektionistischen Tendenzen und handelsverzerrenden Praktiken, wie etwa wettbewerbsverzerrenden Subventionen durch Drittstaaten, sollte die EU entschieden entgegentreten. Gleichzeitig ist eine Offenheit gegenüber Drittstaaten wichtig, vor allem, wenn es um die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter wie den Klimaschutz oder die öffentliche Gesundheit geht. Zudem haben Deutschland und Europa von der wachsenden internationalen Arbeitsteilung erheblich profitiert. Eine Abschottung kann mit politischen und wirtschaftlichen Risiken einhergehen.

Pressemitteilung Kapitel 7 (PDF)