KURZFASSUNG

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(1) In Deutschland ist der lang anhaltende Aufschwung vorerst zu einem Ende gekommen. Diese Entwicklung spiegelt zum einen die globale konjunkturelle Abkühlung wider, zum anderen könnten sich verschiedene strukturelle Faktoren niederschlagen, die das Wachstum behindern. Zudem bestehen erhebliche Risiken für die weitere Entwicklung. Insbesondere eine Eskalation der Handelskonflikte würde die exportorientierte deutsche Wirtschaft empfindlich treffen. Vor dem Hintergrund der verhaltenen konjunkturellen Aussichten und des Strukturwandels, insbesondere aufgrund des technologischen Fortschritts im Zuge der Digitalisierung und des notwendigen Aufbruchs in eine neue Klimapolitik, ist die Wirtschaftspolitik gefordert, das Wachstumspotenzial der deutschen Volkswirtschaft zu stärken.

1. Konjunkturelle Entwicklungen

(2) Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich im Abschwung. Bislang ist jedoch nicht von einer breiten und tiefergehenden Rezession auszugehen. Im laufenden Jahr dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einer Zuwachsrate von 0,5 % merklich weniger stark wachsen als in den Vorjahren. Es ist zu erwarten, dass sich die schwache wirtschaftliche Dynamik mindestens bis in das kommende Jahr hinzieht und das Wachstum mit 0,9 % (kalenderbereinigt 0,5 %) im Jahr 2020 schwach bleiben wird. ZIFFER 69 Ein wichtiger Grund dafür ist eine länderübergreifende Schwäche der Industrie. Sie dürfte zum Teil auf einen zyklischen Abschwung zurückzuführen sein, der mit einem Rückgang der Investitionen der Unternehmen einhergeht. ZIFFER 75 Für die weitere Entwicklung ist entscheidend, inwiefern der bislang noch solide Arbeitsmarkt und die Binnennach-frage von dieser Entwicklung erfasst werden. ZIFFERN 76 FF.

Während die Industrieschwäche in Deutschland besonders stark ausgeprägt ist, trübt sich die Konjunktur weltweit ebenfalls ein. Dies reduziert hierzulande die Impulse aus dem Außenhandel, der durch die anhaltende Unsicherheit insbesondere aufgrund der Handelskonflikte mit den USA und des Brexit belastet wird. Ziffern 73 F. Im Euro-Raum dürfte das BIP in den Jahren 2019 und 2020 nur noch um 1,2 % beziehungsweise 1,1 % zunehmen. Ziffer 65

Abbildung Konjunkturelle Entwicklungen
In Deutschland und im Euro-Raum sinken die Wachstumsraten. Bislang ist nicht von einer breiten und tiefergehenden Rezession auszugehen.
Der Abschwung ist bisher von einer Zweiteilung zwischen Industrie und Dienstleistungsbereich geprägt.

(3) Die von der Bundesregierung beschlossenen fiskalpolitischen Maßnahmen geben kräftige nachfrageseitige Impulse. Dementsprechend sinkt der strukturelle Finanzierungssaldo, wenngleich der Staat weiterhin Überschüsse erzielt. ZifferN 108 FF. Zudem hat die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Jahr ihre Geldpolitik weiter gelockert. In den vergangenen Jahren des Aufschwungs hatte sie keine geldpolitische Normalisierung vorgenommen, obwohl dies bei einer symmetrischen Reaktion auf die verbesserte wirtschaftliche Entwicklung angezeigt gewesen wäre. Die Geldpolitik ist somit ebenfalls äußerst expansiv ausgerichtet. Es wäre besser gewesen, zumindest auf neue Staatsanleihekäufe zu verzichten, da diese Politik erhebliche Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen kann. ZifferN 60 FF.

So besteht etwa aufgrund dynamisch gestiegener Vermögenspreise das Risiko abrupter Preiskorrekturen. Insbesondere am Immobilienmarkt, der bereits deutlich erhöhte Risiken zeigt, sollte mit geeigneten makroprudenziellen Maßnahmen rechtzeitig gegengesteuert werden. In Deutschland kämen etwa eine Erhöhung der sektoralen Risikogewichte für Immobilienkredite, eine weitere Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers oder eine Begrenzung der Beleihungsquoten infrage. ZifferN 408 FF. Zudem stellt die lang anhaltende Niedrigzinsphase die Banken im Euro-Raum, deren Profitabilität bereits durch strukturelle und bankspezifische Ursachen belastet wird, vor zusätzliche Herausforderungen. ZifferN 391 FF. Im Fall einer Rezession besteht die Gefahr einer prozyklischen Verstärkung durch das Finanzsystem. Der antizyklische Kapitalpuffer wurde in vielen Mitgliedstaaten nur zögerlich aktiviert, daher bestehen nur geringe Spielräume, prozyklische Effekte durch seine Lockerung einzudämmen. Ziffer 406

(4) Über die bereits expansiv ausgerichtete Fiskal- und Geldpolitik hinaus fiskalisch gegenzusteuern, etwa mithilfe eines Konjunkturprogramms, ist angesichts des als moderat einzuschätzenden Wachstumsrückgangs und der Probleme der aktiven Konjunktursteuerung derzeit nicht angezeigt. ZifferN 112 FF. Vielmehr sollte es zunächst darum gehen, die vorhandenen automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen. Die Schuldenbremse schließt durch die Konjunkturbereinigung eine Neuverschuldung zu diesem Zweck nicht aus. ZifferN 496 FF. Zusätzlich könnten Maßnahmen zur Erhöhung des Wachstumspotenzials und der Bewältigung struktureller Herausforderungen, wie zum Beispiel Steuersenkungen, umgesetzt werden und zusätzliche, durchaus kurzfristig wirkende Wachstumsimpulse geben. andere Meinung ZifferN 124 FF.

2. Strukturelle Herausforderungen

(5) Zu den konjunkturellen Gründen für den Rückgang der Wachstumsraten dürften strukturelle Ursachen treten, auf welche die Wirtschaftspolitik während der langen Phase des Aufschwungs nicht ausreichend reagiert hat. So zeigt sich seit einiger Zeit eine anhaltend schwache Produktivitätsentwicklung. ZifferN 157 FF. Dabei ist der Rückgang des Produktivitätswachstums zwar ein internationales Phänomen. Da der Wohlstand einer Volkswirtschaft jedoch von ihrer Innovationsfähigkeit abhängt, ist die nationale Politik gefordert, unternehmerisches Handeln zu stärken und die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass mehr Akteure bereit sind, unternehmerische Risiken einzugehen. ZifferN 217 FF.andere Meinung ZifferN 229 FF.

(6) Vor dem Hintergrund der schwachen Produktivitätsentwicklung treten aktuelle wirtschaftspolitische Herausforderungen, wie der demografische und technologische Wandel oder der Klimaschutz, noch stärker in den Vordergrund. Dabei kann eine Wirtschaftspolitik, die sich diesen Herausforderungen stellt, viele Chancen für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands bereithalten. Die deutsche Wirtschafts- und Industriepolitik muss dafür nicht vollständig neu erfunden, sondern weiterentwickelt werden.

Zugleich sind dafür keine Änderungen der Schuldenbremse und somit keine Erhöhung der strukturellen Verschuldungsmöglichkeiten des Staates nötig. Insbesondere ist eine Ausweitung der öffentlichen Verschuldung nicht lediglich mit dem Argument zu begründen, die gegenwärtigen negativen Zins-Wachstums-Differenzen müssten genutzt und die expansive Geldpolitik gestützt werden. Hingegen sendet eine glaubwürdige Rückführung der Schuldenstandsquote mithilfe der Schuldenbremse ein wichtiges Signal für die Finanzmärkte und die anderen EU-Mitgliedstaaten. ZifferN 550 FF.andere Meinung Ziffern 562 ff.

Nutzung und Begleitung des Strukturwandels

(7) Bei der Steigerung der Produktivität kommt der effizienten Allokation der Ressourcen einer Volkswirtschaft eine wichtige Rolle zu. In Deutschland ist jedoch seit der Jahrtausendwende ein breit angelegter Rückgang der Unternehmensdynamik in allen Wirtschaftsbereichen zu beobachten. Dies ist unter anderem an der deutlichen Abnahme der Gründungen und Schließungen von Unternehmen und Betrieben abzulesen. ZifferN 183 F.

(8) Eine Industriepolitik, die für alle Marktakteure die geeigneten Rahmenbedingungen festlegt und die Wissensdiffusion und -teilung vorantreibt, kann den Boden für eine höhere Dynamik und Wettbewerbsfähigkeit bereiten. ZifferN 250 FF. Der Schutz und die Subventionierung einzelner Wirtschaftsbereiche und Unternehmen können hingegen den Strukturwandel bremsen, da sie typischerweise zum Erhalt des Status quo genutzt werden. In Fällen sektorspezifischen Marktversagens könnten allerdings auf einzelne Sektoren oder Technologien zugeschnittene vertikale Eingriffe in die Wirtschaftsstruktur gerechtfertigt sein. Damit diese Förderung nicht durch Interessengruppen vereinnahmt wird, sollte der Staat strenge Kriterien anlegen. ZifferN 267 FF.

(9) Zudem sollte die europäische Wettbewerbspolitik zwar an die neuen Technologien angepasst, aber nicht gelockert werden. Es wäre unverhältnismäßig, bereits heute aus Angst vor einem höheren Konkurrenzdruck durch ausländische Unternehmen auf die Vorteile des Wettbewerbs oder der Kapitalverkehrsfreiheit zu verzichten. Staatlich protegierte nationale oder europäische Champions sowie Investitionsprüfungen ausländischer Direktinvestitionen werden nicht dazu imstande sein, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Volkswirtschaft zu sichern. ZifferN 318 FF.

Im deutschen Bankensektor könnte der hohe Wettbewerb hingegen wohlfahrtsmindernd sein, weil dieser einen negativen Einfluss auf die Finanzstabilität haben kann. Die niedrige Profitabilität der Banken erschwert die notwendigen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle, während neue Marktteilnehmer wie FinTechs und BigTechs zunehmend in den Bankenmarkt eintreten dürften. ZifferN 414 FF.

Abbildung Strukturelle Herausforderungen
Das Wachstum der Arbeitsproduktivität1 geht weltweit und in Deutschland zurück.
Der Strukturwandel geht mit einer geringeren Gründungsdynamik und höherer Konzentration einher.
Industrie- und Innovationspolitik sind zentral für zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.
Derzeit werden die Arbeitsanreize durch das Steuer- und Transfersystem erratisch gesetzt.
Die Schuldenbremse bietet weiterhin Spielräume für die Erhöhung der öffentlichen Investitionen.
Leitinstrument der Klimapolitik muss ein international koordinierter CO2-Preis werden.

(10) Der Staat federt einen erheblichen Anteil der negativen Auswirkungen des Strukturwandels ab, insbesondere durch Sozial- und Regionalpolitik. Deutschland weist darüber hinaus im internationalen Vergleich einen hohen Grad an Umverteilung auf, wodurch die Ungleichheit der Nettoeinkommen bedeutend kleiner ausfällt als diejenige der Markteinkommen. ZifferN 590 FF. Trotz Zuwanderung vor allem in den untersten Einkommensbereichen ist die Ungleichheit, gemessen am Gini-Koeffizienten der Nettoeinkommen, seit dem Jahr 2005 nicht weiter signifikant angestiegen. andere Meinung ZifferN 709 FF.

(11) Die durchschnittlichen Vermögen liegen in Deutschland im internationalen Vergleich auf einem niedrigen Niveau. Zudem sind die Nettovermögen durch eine hohe Ungleichheit gekennzeichnet, wenngleich diese seit dem Jahr 2007 signifikant zurückgegangen ist und sich wieder auf dem Niveau des Jahres 2002 befindet. Die Interpretation dieser Befunde wird jedoch durch die geringe Bedeutung selbstgenutzten Wohneigentums, durch einbehaltene Unternehmensgewinne, die das Betriebsvermögen erhöhen, und durch hohe Anwartschaften auf Leistungen der staatlichen Altersvorsorge teilweise relativiert. ZifferN 627 FF. Durch geldpolitische Entscheidungen waren einzelne Gruppen entlang der Vermögensverteilung unterschiedlich betroffen. Zinssenkungen stützen tendenziell untere Einkommensgruppen, während Wertpapierkäufe der Notenbanken vermögendere Haushalte begünstigen können. ZifferN 633 FF.

Förderung von Forschung und Innovation

(12) Die fallende wirtschaftliche Dynamik in Deutschland kann unter anderem durch den Rückgang der Gründungen und Schließungen erklärt werden. Zwar dürfte die Versorgung von etablierten Unternehmen mit Fremdkapital gut funktionieren, junge Wachstumsunternehmen benötigen hingegen Eigenkapital. Bislang spielen Wagniskapitalinvestitionen in Deutschland nur eine geringe Rolle. Bei der Ausgestaltung der öffentlichen Förderung ist insbesondere darauf zu achten, dass private Investoren nicht verdrängt werden. ZifferN 281 FF.

Zudem spielen steuerliche Anreize, etwa die Beschränkung des Verlustabzugs bei Körperschaften oder die steuerliche Diskriminierung der Beteiligungsfinanzierung, eine Rolle bei der Entscheidung zu unternehmerischem Handeln. Ziffer 257 Außerdem sind die Möglichkeiten der Verwertung erfolgreicher Gründungen wichtig, etwa in Form eines Verkaufs, was einen liquiden Markt für Aktienemissionen erfordert. Hierzu kann der Ausbau der europäischen Kapitalmarktunion entscheidend beitragen (JG 2018 Ziffern 539 ff.).

(13) Nicht nur für die Skalierung digitaler Geschäftsmodelle ist gerade im Vergleich mit den USA oder China ein einheitlicher europäischer Markt wichtig. Für die Marktintegration in Europa ist die Strategie zur Herstellung eines digitalen Binnenmarkts vielversprechend. Zudem würde eine Vollendung des Binnenmarkts für Dienstleistungen neue Chancen eröffnen. ZifferN 311 FF.

Digitale, auf Plattformen basierende Geschäftsmodelle gewinnen an Bedeutung. Die Politik ist gefordert, aus den Geschäftsaktivitäten neuer Marktteilnehmer erwachsende Risiken angemessen zu regulieren, ohne dabei Innovationen unnötig zu bremsen. Dies gilt etwa im Bereich des europäischen Wettbewerbs- und Datenschutzrechts. Durch die stärkere Rolle von wissensbasierten Wirtschaftsbereichen erlangt der Zugang zu Technologie und Daten einen höheren Stellenwert. Dabei ist zwischen der Forderung nach offenem Datenzugang zur Erleichterung von Innovationen und dem Schutz geistigen Eigentums abzuwägen. ZifferN 305 FF. Für den Finanzsektor spielt die Regulierung von FinTechs und BigTechs eine entscheidende Rolle. ZifferN 423 FF.

(14) Für die Innovationsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft braucht es eine leistungsfähige Forschungs- und Innovationspolitik. ZifferN 291 FF. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung betragen in Deutschland mehr als 3 % des BIP. Diese werden nicht zuletzt durch ein bereits erprobtes System der staatlichen Forschungsförderung von der Grundlagen- bis zur angewandten Forschung getragen. Ein Ausbau sollte dabei dort, wo es sinnvoll ist, auf europäischer Ebene organisiert werden.

Insbesondere im Rahmen des Klimaschutzes und für eine Transformation hin zu Produktions- und Lebensweisen, die mit geringeren CO2-Emissionen einhergehen, sind Innovationen ein zentraler Schlüssel (SG 2019 Ziffern 208 ff.). Zwar setzt ein CO2-Preis bereits Anreize für solche Investitionen und Innovationen. Komplementär dazu sollten jedoch die reicheren Volkswirtschaften ihre technologieneutral ausgestaltete Förderung der (Grundlagen-)Forschung und die Investitionen in Technologien zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre ausbauen (SG 2019 Kasten 1).

(15) Aufgrund heterogener regionaler Wirtschaftsstrukturen und Ausstattungen mit Humankapital kommt es durch Strukturwandel und Innovationen zu unterschiedlichen Herausforderungen für einzelne Regionen. ZifferN 332 FF. Die Regionalpolitik sollte der steigenden Bedeutung von Wissen im Produktionsprozess Rechnung tragen und die Forschungs- und Innovationsförderung stärker in den Fokus rücken. ZifferN 338 FF. Innovationscluster eignen sich als Koordinationsinstrument zwischen den Akteuren und sind für die Wissensdiffusion und -teilung von besonderer Bedeutung. ZifferN 345 FF.

Heben der Potenziale im Humanvermögen

(16) Neben der Steigerung der Produktivität kann das Heben ungenutzter Potenziale am Arbeitsmarkt dem demografisch bedingten Rückgang der mittelfristigen Wachstumsaussichten entgegenwirken. Dazu zählt vor allem die Steigerung der Partizipation von Frauen und älteren Personen, etwa durch einen Ausbau der Ganztagsbetreuung, die Flexibilisierung von Arbeitszeiten oder einen flexiblen Renteneintritt. Zudem kann eine zielgerichtete Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren. ZifferN 678 F.

(17) Insbesondere für Personen mit niedrigen Markteinkommen bietet das Steuer- und Transfer-System an einigen Stellen negative Anreize, eine Arbeit aufzunehmen oder zusätzliche Arbeitsstunden zu leisten. Diese negativen Anreize könnten beispielsweise mit einer Reform hin zu einer universellen Transferleistung abgemildert werden. Darüber hinaus könnte eine Absenkung der Transferentzugsraten jenseits der geringfügigen Beschäftigung zwar das Arbeitsangebot erhöhen. Dies hätte jedoch eine Ausweitung des Transferbereichs zur Folge. An vielen Stellen der Grundsicherung wäre zunächst eine bessere Abstimmung der Instrumente angezeigt, um mit wenig invasiven Eingriffen die Effizienz des Systems zu stärken. ZifferN 680 FF.andere Meinung ZifferN 709 FF.

(18) Aufgrund des technologischen Wandels und der Fachkräfteengpässe in einigen Wirtschaftsbereichen sind die Ausbildung und die Zuwanderung von Fachkräften aus Mitgliedstaaten der EU und aus Drittstaaten zunehmend bedeutsam. ZifferN 253 FF. Ein Ausbau und die Stärkung von Universitäten und Fachhochschulen könnten einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung leisten, der gleichzeitig regionalpolitische Akzente setzen würde. Eine stärkere Anwendungsorientierung könnte dabei die Kommerzialisierung von Innovationen unterstützen. Ziffer 356

Für den Erfolg von Unternehmen ist das Management entscheidend. Ein intensiverer Wettbewerb und relativ häufige Jobwechsel gehen einher mit höheren Managementfähigkeiten der Unternehmen und gesamtwirtschaftlicher Wissensverbreitung. Die Fähigkeiten, Unternehmen zu leiten und zu organisieren, sind zudem für eine erfolgreiche IT-Adaption förderlich. ZifferN 194 FF.

(19) Um trotz einer alternden Gesellschaft eine hohe Innovationsfähigkeit zu bewahren, spielt lebenslanges Lernen eine wichtige Rolle. Ziffer 220 Dadurch dürfte sich die Einkommensmobilität im Lebenszyklus erhöhen. Unter Personen desselben Geburtsjahrgangs ist die Ungleichheit der Einkommen geringer als im Querschnitt. Die kohortenspezifische Ungleichheit steigt im Zeitverlauf zwar an, der Vergleich der Kohorten legt jedoch keine verringerte intragenerationelle Mobilität nahe. andere Meinung ZifferN 709 FF. Der Beginn der Erwerbsphase ist von relativ hoher Mobilität gekennzeichnet, die mit zunehmendem Alter stark abnimmt. ZifferN 616 FF. Zur Erhöhung der Einkommensmobilität innerhalb eines Geburtsjahrgangs und damit der Chancengleichheit kommen der frühkindlichen Bildung und der Unterstützung der Kinder in bildungsfernen Haushalten eine wichtige Rolle zu. Ziffer 626

Steigerung der privaten und öffentlichen Investitionen

(20) Die langfristige Wohlfahrt einer Volkswirtschaft wird entscheidend von den Investitionen der privaten Akteure beeinflusst. ZifferN 208 FF. Zudem bedarf es einer funktionierenden Infrastruktur und gegebenenfalls komplementären öffentlichen Ausgaben, etwa im Bereich der Bildung. In welchem Umfang der Staat dabei aktiv werden muss, ist in jedem Bereich einzeln zu prüfen. ZifferN 531 FF. Eine Alternative zur direkten Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur besteht darin, über regulatorische Maßnahmen die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass privatwirtschaftliche Tätigkeiten gestärkt werden.

(21) Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stellen zugleich einen wesentlichen Faktor für die private Investitionstätigkeit dar. Unsicherheit über die Zukunft des globalen Freihandels oder der Klima- und Energiepolitik sollten möglichst reduziert werden, um Investitionshemmnisse auszuräumen und die Planbarkeit für Unternehmen zu verbessern. Ziffer 214

(22) Zwar lässt sich der aggregierte öffentliche Investitionsbedarf kaum präzise bestimmen, es gibt jedoch Hinweise auf Investitionsrückstände insbesondere bei der Infrastruktur. Die Gründe für die Rückstände scheinen vielfältig zu sein. Finanzielle Mittel waren in den vergangenen Jahren im Aggregat ausreichend vorhanden, und die Spielräume innerhalb der Schuldenbremse sollten in Zukunft ausreichen. ZifferN 448 FF. Eine hohe Kapazitätsauslastung in der Bauwirtschaft und der öffentlichen Verwaltung sowie die Zunahme an Vorschriften, lange Genehmigungsverfahren und ein veränderter Bedarf dürften eher für fehlende Investitionen verantwortlich sein. Regionale Unterschiede verlangen zudem nach zielgerichteten Lösungen, bei denen die Länder für die ausreichende Finanzausstattung ihrer Kommunen sowie für die kommunale Finanzaufsicht verantwortlich sind. ZifferN 541 FF.andere Meinung ZifferN 562 FF.

Koordination auf internationaler Ebene

(23) Ein großer Teil der beschriebenen Herausforderungen verlangt nach einer international koordinierten Antwort. Zum einen ist Deutschland eine sehr offene Volkswirtschaft. Daraus zieht es zwar beträchtliche Wohlfahrtsgewinne (JG 2017 Ziffern 657 ff.), es ist jedoch zugleich von internationalen Entwicklungen besonders abhängig. Zum anderen hat Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion auf viele der internationalen Herausforderungen aus eigener Kraft nur geringen Einfluss; für diese sind die Antworten auf europäischer Ebene zu suchen.

(24) Beim Klimaschutz muss ebenfalls international koordiniert vorgegangen werden (SG 2019 Ziffern 13 ff.). Die Bundesregierung hat eine neue Ausrichtung der Klimapolitik beschlossen und plant eine nationale Bepreisung von CO2 in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollte der CO2-Preis im Gegensatz zu den aktuellen Plänen kein Randaspekt, sondern vielmehr der Fokalpunkt der klimapolitischen Maßnahmen sein. Bei einer konsequenten Umsetzung, die eine gezielte Flankierung mit Begleitmaßnahmen (SG 2019 Ziffern 245 ff.) und eine systematische Rückverteilung der zusätzlichen staatlichen Einnahmen einschließt, wären viele der geplanten Regulierungs- und Fördermaßnahmen nicht mehr notwendig.

Der wichtige nächste Schritt in der Klimapolitik ist die Koordination auf europäischer und internationaler Ebene. So sollte der rein nationale CO2-Preis so schnell wie möglich und spätestens im Jahr 2030 durch eine Ausweitung des EU-ETS ersetzt werden (SG 2019 Ziffer 129). Zudem sind Verhandlungen auf internationaler Ebene notwendig, um einen weltweit einheitlichen Preis für Treibhausgasemissionen umzusetzen (SG 2019 Ziffer 7).

(25) Ein Bereich, in dem durch internationale Koordination über viele Jahrzehnte Fortschritte erzielt wurden, ist die internationale Arbeitsteilung durch globalen Handel, mit der Produktivitäts- und Wohlfahrtsgewinne einhergingen. Ziffer 227 Zuletzt wurden diese Fortschritte jedoch durch protektionistische Maßnahmen teilweise wieder rückgängig gemacht. ZifferN 4 f. Nun außerhalb der Regeln der WTO selbst mit Protektionismus zu reagieren, etwa durch Abschottung über das Wettbewerbsrecht oder durch strategische Interventionen gegen ausländische Wettbewerber, wäre jedoch der falsche Weg. ZifferN 318 FF. Vielmehr sollten die multilaterale Handelsordnung gestärkt (JG 2018 Ziffern 15 ff.) und der Standort Deutschland für inländische und ausländische Investoren attraktiver gemacht werden. Ziffer 227

(26) Ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) wird aller Voraussicht nach ebenfalls zu mehr Protektionismus führen. Der Brexit dürfte, wenngleich er bislang noch nicht vollzogen wurde, bereits zu erhöhter Unsicherheit und negativen Effekten für Deutschland, insbesondere aber für das Vereinigte Königreich geführt haben. ZifferN 33 FF. Ein ungeordneter Austritt, der allerdings durch die Entwicklungen in den vergangenen Wochen unwahrscheinlicher geworden sein dürfte, könnte noch gravierendere Auswirkungen haben. Es wäre daher weiterhin vorzuziehen, wenn die Verhandlungspartner einen Weg fänden, den Brexit noch zu verhindern oder, falls dies nicht möglich ist, ein möglichst umfangreiches Folgeabkommen zu schließen (JG 2016 Ziffern 356 ff.).

Erstes Kapitel

KONJUNKTUR: DEUTLICHE ABKÜHLUNG

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Das Wachstum der Weltwirtschaft hat sich spürbar verlangsamt. Die hohe Unsicherheit dürfte insbesondere auf dem Welthandel und der Investitionsnachfrage lasten. Ziffern 1 FF.
  • Im Euro-Raum hat sich die konjunkturelle Dynamik abgeschwächt. Die Geldpolitik ist bereits sehr expansiv. Es wäre besser gewesen, wenn die EZB auf weitere Staatsanleihekäufe verzichtet hätte. ZIFFERN 41 FF.
  • Die deutsche Wirtschaft ist im Abschwung, vor allem die Industrie. Eine langsame Belebung ist frühestens im Jahresverlauf 2020 zu erwarten. Ein Konjunkturprogramm ist derzeit nicht angezeigt. ZIFFERN 67 FF.

Zweites Kapitel

PRODUKTIVITÄT: WACHSTUMSBEDINGUNGEN VERBESSERN

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Das Produktivitätswachstum hat sich in den entwickelten Volkswirtschaften verlangsamt. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist dies für Deutschland besonders problematisch.
  • Bildung, Forschung und Innovation sind Voraussetzungen für ein höheres Produktivitätswachstum. Es gilt, die Transformation von Wissen in wirtschaftlichen Erfolg zu stärken.
  • Dabei sind die richtigen Rahmenbedingungen für private Investitionstätigkeit zu setzen, die zu einer höheren Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft führen dürfte.

Drittes Kapitel

INDUSTRIEPOLITIK: STRUKTURWANDEL ALS CHANCE

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Industriepolitik sollte vor allem Innovationspolitik sein, diskriminierungsfrei und nach transparenten Kriterien gestaltet sowie einem regelmäßigen Evaluationsprozess unterzogen werden.
  • Deutschland und Europa sollten für die Vertiefung des Binnenmarkts und der Kapitalmarktunion sowie einen regelbasierten Welthandel eintreten, um den Strukturwandel zu nutzen.
  • Die Verbesserung der digitalen Infrastruktur und des Humankapitals sind wichtige Voraussetzungen, damit Innovationspolitik, nicht zuletzt auf regionaler Ebene, erfolgreich wirken kann.

Viertes Kapitel

BANKEN VOR ZYKLISCHEN UND STRUKTURELLEN HERAUSFORDERUNGEN

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Die schwache Profitabilität der Banken im Euro-Raum hat strukturelle und bankspezifische Ursachen. Die anhaltende Niedrigzinsphase stellt die Institute vor Herausforderungen.
  • Hohe Risiken im Immobiliensektor und der drohende Anstieg von Risiken im Fall einer Rezession rechtfertigen weitere makroprudenzielle Maßnahmen.
  • Der digitale Wandel führt zum Eintritt neuer Marktteilnehmer in das Bankgeschäft, was traditionelle Geschäftsmodelle infrage stellt und zusätzliche Risiken mit sich bringen kann.

Fünftes Kapitel

DIE SCHULDENBREMSE: NACHHALTIG, STABILISIEREND, FLEXIBEL

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Eine glaubwürdige Rückführung der Schuldenstandsquote mithilfe der Schuldenbremse ist ein wichtiges Signal an die Finanzmärkte und an andere Mitgliedsstaaten der EU.
  • Es dürfte wenig aussichtsreich sein, die Staatsverschuldung anhand der Zins-Wachstums-Differenz zu steuern, die sich zudem mittelfristig wieder umkehren kann.
  • Investitionen sind nicht notwendigerweise anderen Ausgaben vorzuziehen. Für bestehende Investitionsrückstände dürften andere Gründe als die Schuldenbremse verantwortlich sein.

Sechstes Kapitel

AUFSTIEGSCHANCEN SICHERN, ARBEITSANREIZE STÄRKEN

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Die Einkommensverteilung ist seit dem Jahr 2005 weitgehend stabil geblieben. Die Lohnungleichheit ist über den Lebenszyklus hinweg niedriger als im Querschnitt.
  • Ein Kohortenvergleich zeigt bislang keinen Rückgang der Einkommensmobilität. Um sie in Zukunft zu sichern, sind frühkindliche Bildung und Chancengleichheit zu stärken.
  • Um die Aufstiegschancen zu verbessern, Arbeitsanreize zu wecken und Erwerbspotenziale zu heben, könnten die Transferentzugsraten neu ausgestaltet werden.
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