KURZFASSUNG

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(1) Die Weltwirtschaft erholt sich zunehmend von der Corona-Krise, ihre Auswirkungen prägen jedoch weiterhin die wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig gilt es, die tiefgreifende Transformation hin zu einer klimaneutralen und digitalen Wirtschaft zu gestalten. Nationale Maßnahmen und Strategien müssen im europäischen und globalen Kontext entwickelt werden, um den Herausforderungen effektiv zu begegnen. Die Bildung über den gesamten Lebenszyklus sollte gestärkt werden. Die beschleunigte Digitalisierung bietet große Potenziale, die zu heben sind. Die Nachhaltigkeit muss in verschiedenen Dimensionen gesichert werden. Für erfolgreichen Klimaschutz ist internationale Kooperation entscheidend. Für die Transformation und Steigerung der Produktivität sind höhere private und öffentliche Investitionen zu mobilisieren. Bei all dem muss die fiskalische Nachhaltigkeit sichergestellt werden.

Weitreichende Auswirkungen der Corona-Pandemie

(2) Im Sommer dieses Jahres hat sich die deutsche Wirtschaft weiter von den Folgen der Pandemie erholt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte das Vorkrisenniveau aus dem 4. Quartal 2019 im Verlauf des 1. Quartals 2022 wieder erreichen. Ziffer 53 Derzeit stören vielfältige angebotsseitige Engpässe die globalen Wertschöpfungsketten und dämpfen zusammen mit weiterhin bestehenden pandemiebedingten Einschränkungen das Wachstum. Ziffer 69 Der Sachverständigenrat erwartet, dass sich insbesondere die Industrieproduktion zum Teil ins nächste Jahr verschiebt und prognostiziert für Deutschland einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 2,7 % im Jahr 2021 und um 4,6 % im Jahr 2022. Ziffern 71 f.

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung unterliegt bedeutenden Risiken. Erneute umfassende pandemiebedingte Einschränkungen oder länger anhaltende Liefer- und Kapazitätsengpässe könnten die Erholung stärker beeinträchtigen als in der Prognose unterstellt. Wenn die Engpässe aber schneller überwunden werden, eröffnen sich Chancen, dass die aufgestaute Konsum- und Investitionsnachfrage für einen dynamischeren Aufschwung sorgt. Ziffer 51

(3) Die weltwirtschaftliche Erholung wurde von einem Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise sowie angebotsseitigen Engpässen begleitet. Dies hat zu einem deutlichen Anstieg der Verbraucherpreisinflation geführt, die ohnehin durch Basis- und Sondereffekte erhöht ist. Der Sachverständigenrat erwartet in Deutschland eine Inflationsrate von 3,1 % für das Jahr 2021 und von 2,6 % für das Jahr 2022. Ziffer 74 Länger anhaltende angebotsseitige Engpässe, höhere Lohnabschlüsse und steigende Energiepreise bergen jedoch das Risiko, dass eigentlich temporäre Preistreiber zu persistent höheren Inflationsraten führen könnten. Ziffer 49

(4) Am Arbeitsmarkt stieg die Erwerbstätigkeit im ersten Halbjahr 2021 nach einem Rückgang im Jahr 2020 wieder an, was vor allem auf eine Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen ist. Die im Jahr 2020 stark zurückgegangene geringfügige Beschäftigung stieg ebenso wieder an, während die Zahl der Selbständigen weiter rückläufig war. Ziffer 77 Die starke Zunahme der Anzahl der offenen Stellen in diesem Jahr deutet an, dass sich die Arbeitskräftenachfrage normalisiert. ZifferN 79 F.

AbbildungKurz- und langfristige Herausforderungen für die deutsche Volkswirtschaft
Die Erholung wird gedämpft durch weiterhin bestehende pandemiebedingte Einschränkungen und...
...vielfältige angebotsseitige Engpässe, welche die globalen Wertschöpfungsketten stören.1
Durch die expansive Geldpolitik haben sich die Wechselwirkungen zwischen Fiskal- und Geldpolitik verstärkt.
Die Corona-Pandemie hat zu einem Digitalisierungsschub geführt.
Bildung ist einer der durch die pandemiebedingten Beschränkungen am stärksten betroffenen Bereiche.Kind lernte während der Schulschließungen in Hauptfächern...1
Bildung ist einer der durch die pandemiebedingten Beschränkungen am stärksten betroffenen Bereiche.Eltern konnten Kind bei den Schulaufgaben nicht helfen...1
Klimaschutz muss als globale Herausforderung adressiert werden.1Kohleabbau
Klimaschutz muss als globale Herausforderung adressiert werden.1Gasförderung

(5) In der Corona-Krise ist, anders als in vergangenen Rezessionen, die Reallokationsdynamik zurückgegangen. Dies zeigt sich darin, dass weniger Arbeitsverhältnisse beendet wurden, was insbesondere auf die Sonderregelungen zur Kurzarbeit zurückzuführen sein dürfte, und die Anzahl der Marktaustritte und Unternehmensinsolvenzen zurückging. Ziffer 416 Wie sich dies auf die Produktivitätsentwicklung auswirkt, ist noch unklar, zumal es in der Krise gleichzeitig einen Digitalisierungsschub und einen Anstieg der Nachfrage nach datenbasierten Diensten gab, die zu einer Steigerung der Produktivität führen könnten. ZifferN 438 FF.

(6) Im Jahr 2020 sind die Markteinkommen, insbesondere in den unteren Dezilen, krisenbedingt deutlich gesunken und ungleicher ausgefallen. Nach vorläufigen Befunden dürfte jedoch die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen aufgrund der automatischen Stabilisatoren und der getroffenen diskretionären Maßnahmen nicht angestiegen sein. Ziffern 267 FF. Geringfügig Beschäftigte, Geringqualifizierte sowie Selbständige waren durch die Corona-Krise besonders negativ betroffen und hatten Einkommenseinbußen zu verzeichnen. Ziffern 274 ff.

(7) Der Bildungsbereich gehört zu den von der Corona-Pandemie am stärksten betroffenen Bereichen. Kinder und Jugendliche, Studierende sowie Auszubildende mussten weitreichende Einschränkungen des Bildungsangebots hinnehmen. Dies hat insbesondere bei Leistungsschwachen und sozial Benachteiligten zu bedeutenden Lern- und Entwicklungsrückständen geführt. Ziffern 333 ff. Überdies hat die Corona-Krise zu einem Anstieg von offenen Stellen sowie unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern auf dem Ausbildungsmarkt geführt. Ziffern 291 FF.

(8) Der Sachverständigenrat erörtert im vorliegenden Jahresgutachten unterschiedliche Dimensionen der Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung. Die fiskalpolitische Reaktion auf die Corona-Pandemie hat zu einem stark negativen Finanzierungssaldo geführt und dürfte die öffentliche Verschuldung in Deutschland im Jahr 2021 auf 70,6 % des BIP ansteigen lassen. Ziffer 85 Ein Großteil der fiskalpolitischen Maßnahmen läuft mit Ende der Krise aus. Wenn die Fiskalpolitik wieder normalisiert wird, dürfte die fiskalische Nachhaltigkeit in Deutschland insbesondere aufgrund der günstigen Rahmenbedingungen, wie etwa der niedrigen Zinsen, sichergestellt sein. Ziffer 107

Die Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums setzt die langfristige Stärkung des Produktionspotenzials voraus. Dies hängt insbesondere von den Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie den privaten und öffentlichen Investitionen ab. Zuletzt stiegen die öffentlichen Investitionen kräftig an. In den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung ist vor dem Hintergrund des Zukunftspakets und der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität mit weiteren Anstiegen zu rechnen. Ziffer 190 Die privaten Investitionen dürften nach Abbau der angebotsseitigen Engpässe ebenfalls wieder zunehmen. Ziffer 76 Die Treibhausgasemissionen, ein Indikator der ökologischen Nachhaltigkeit, werden nach einem pandemiebedingten zwischenzeitlichen Rückgang wieder ansteigen. So dürften die globalen CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger im Jahr 2021 wieder um knapp 5 % zunehmen. Ziffer 521

Die Transformation gestalten

(9) Der Sachverständigenrat diskutiert in diesem Jahresgutachten Handlungsoptionen, wie die Transformation gestaltet werden kann. Es gilt dabei, die Volkswirtschaft zur Transformation zu befähigen, ein geeignetes Umfeld für die Transformation zu schaffen und die Chancen der Transformation zu nutzen.

Zur Transformation befähigen

(10) Um die Gesellschaft langfristig zur Transformation zu befähigen, ist die Bildung von Kindern und Jugendlichen entscheidend. Es gilt, möglichst zielgerichtet die in den vergangenen Monaten entstandenen Lern- und Entwicklungsrückstände aufzuholen. Dazu könnten etwa verstärkte Einzel- und Kleingruppenförderung während und außerhalb der Unterrichtszeit, außerschulische Mentoringprogramme sowie der verstärkte Einsatz adaptiver digitaler Lernsoftware im Unterricht beitragen. Ziffern 343 ff.

Zudem sollten strukturelle bildungspolitische Maßnahmen ergriffen werden, um die Chancengleichheit zu erhöhen und das Bildungssystem zu verbessern. Ziffern 354 ff. Dazu gehören insbesondere Maßnahmen im Bereich der frühkindlichen Bildung, Reformen der Struktur des Schulsystems sowie Ausgaben für Personal und dessen Qualifizierung. Frühkindliche Betreuung und Bildung sollten qualitativ und quantitativ weiter ausgebaut werden. Zudem sollte die Bildung von Kindern aus bildungsfernen Familien gefördert werden. Ziffern 360 ff. Die Digitalisierung an Schulen sollte vorangetrieben und wichtige Kompetenzen im Bereich der digitalen Technologien sollten gefördert werden. Ziffern 365 ff.

Abbildung
Transformation gestalten: HandlungsoptionenÜbersicht der im Jahresgutachten 2021/22 diskutierten Maßnahmen
Zur Transformation befähigen
Bildung
  1. Reduktion der Lern- und Entwicklungsrückstände Ziffer 343 FF.
  2. Digitalisierung im Schulsystem Ziffern 365 FF.
  3. Ausbau frühkindlicher Bildung und Betreuung Ziffern 360 FF.
Aus- und Weiterbildung, Fachkräfte
  1. Verankerung der Weiterbildung als festen Teil des Bildungssystems Ziffer 311 FF.
  2. Stärkung der Anreize zur Weiterbildung für Geringqualifizierte Ziffern 306 FF.
  3. Erleichterung des Übergangs zur betrieblichen Berufsausbildung Ziffern 299
  4. Unterstützung der beruflichen und regionalen Mobilität Ziffern 432 FF.
  5. Stärkung der Arbeitsanreize für Zweitverdienende Ziffern 317 FF.
Gründungen und Marktaustritte
  1. Verbesserung der Verfügbarkeit von Wagniskapital Ziffer 427
  2. Anpassung des Insolvenzverfahrens für kleinere Unternehmen Ziffer 420
  3. Stärkung der Absicherung der Selbständigen Ziffern 313 FF.
Geeignetes Umfeld für die Transformation schaffen
Makroökonomisches Umfeld
  1. Stärkung der Tragfähigkeit und Krisenresilienz der Staatsfinanzen Ziffer 100
  2. Kommunikation einer Normalisierungsstrategie für die Geldpolitik Ziffern 181 FF.
Europäische Union
  1. Vertiefung des europäischen Binnenmarkts Ziffern 187 und 496
  2. Sicherstellung der technologischen Souveränität Ziffer 496
  3. Strukturreformen durch die EU-Aufbau- und Resilienzpläne Ziffer 190
  4. Stärkung eines sektor- und regionenübergreifenden CO2-Preises Ziffer 614
Transparenz
  1. Verstärkung der Evaluierung im Bildungssystem Ziffern 376 FF.
  2. Erhöhung der Transparenz öffentlicher Ausgaben Ziffern 205 FF.
  3. Evaluierung der pandemiebedingten Maßnahmen Kasten 25
Chancen der Transformation nutzen
Innovationen
  1. Aufbau bilateraler Technologiepartnerschaften Ziffern 583 FF.
  2. Verbesserung der Bedingungen für das Teilen und Nutzen von Daten Ziffer 474
  3. Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung Ziffer 203
Investitionen
  1. Verlässliche Rahmenbedingungen für private Investitionen Ziffern 195 FF. und 560
  2. Öffentlicher Infrastrukturausbau für die digitale und klimaneutrale Wirtschaft Ziffern 198 F.
  3. Priorisierung der zukunftsorientierten öffentlichen Ausgaben Ziffern 218 und 234
  4. Abbau vielfältiger nicht-monetärer Hemmnisse Ziffern 200 FF.
Internationale Kooperation
  1. Stärkung der internationalen Klimakooperationen Ziffern 554 FF.
  2. Etablierung von CO2-Mess- und Schätzstandards Ziffer 577
  3. Erhöhung des Wettbewerbs auf Plattformmärkten Ziffer 480
© Sachverständigenrat | 21-539

(11) Durch strukturelle Veränderungen kommt es zu einer Reallokation von Beschäftigten, also einem Wechsel von Beschäftigten zwischen Unternehmen und zwischen Wirtschaftsbereichen. Ziffer 410 Um die Reallokationsdynamik zu fördern, sollten Erwerbstätige zu diesem Wechsel befähigt werden. Dies kann gleichzeitig dazu beitragen, Fachkräfteengpässe zu reduzieren und Arbeitslosigkeit vorzubeugen. Weiterbildung sollte zunehmend ein fester Bestandteil des Erwerbslebens werden. Ziffern 300 FF. Die Entwicklung eines deutschen Weiterbildungsgesetzes, das die Rechte und Verantwortlichkeiten verschiedener Akteure in der Weiterbildungslandschaft gesetzlich definiert, könnte dazu beitragen. Bei der Gestaltung geeigneter Anreizsysteme sollten vor allem Geringqualifizierte im Fokus stehen. Diese nehmen aktuell seltener als höher Qualifizierte an Weiterbildungen teil, sind jedoch stärker von strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarkts betroffen. Hierzu sollten ein transparenteres Angebot, eine leichter zugängliche Beratung sowie stärkere finanzielle Anreize entwickelt werden. Ziffern 301 ff.

(12) Auf dem Berufsausbildungsmarkt hat die Krise dazu geführt, dass sowohl die Anzahl unbesetzter Stellen als auch die Anzahl unversorgter Bewerberinnen und Bewerber angestiegen sind. Es gilt daher verstärkt, die bereits vor der Corona-Pandemie bestehenden Ungleichgewichte im „Matching-Prozess“ zwischen Ausbildungsstellen und Meldungen von Bewerberinnen und Bewerbern abzubauen. Ziffern 292 F. und 293 FF. Über die bereits umgesetzten Bundesprogramme hinaus sollte insbesondere für leistungsschwache Jugendliche durch eine vorangehende schulische Berufsausbildung der Übergang zur betrieblichen Ausbildung erleichtert werden. Ziffer 299

(13) Zudem gilt es die berufliche und regionale Mobilität von Erwerbstätigen zu unterstützen, um damit Fachkräfteengpässe zu reduzieren. Dazu könnten etwa eine Ausweitung des Wohnungsangebots in wirtschaftlich aufstrebenden Regionen, Arbeit im Homeoffice sowie der Abbau von Berufszulassungsbeschränkungen beitragen. ZifferN 432 FF. Vorhandene und passende Qualifizierungsmaßnahmen und die Unterstützung der Mobilität können neben dem ausgeprägten sozialen Sicherungssystem maßgeblich zur Abfederung sozialer Härten beitragen. Ziffer 307 Um Fachkräfteengpässe weiter einzudämmen, sollten die Erwerbsanreize von Zweitverdienenden erhöht werden. Dazu können etwa eine Reform des Ehegattensplittings und der Ausbau der Kinderbetreuung beitragen. Ziffern 317 FF.

(14) Um den Strukturwandel zu unterstützen und die Reallokationsdynamik zu steigern, sollten die Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen und geordnete Marktaustritte verbessert werden. Dazu ist Wagniskapital für innovative, wachstumsorientierte Gründungen in größerem Umfang notwendig. Um dieses verfügbar zu machen, sollten staatliche Maßnahmen insbesondere auf die Mobilisierung privater Finanzmittel abzielen. Ziffer 427 Zudem sollten bürokratische Hürden für Gründungen weiter abgebaut werden. Durch einen vereinfachten Zugang zu Insolvenzverfahren für kleine Unternehmen und effizientere Restrukturierungsverfahren könnte Unternehmen mit geringer Produktivität ein geordneter Marktaustritt ermöglicht werden. Ziffer 420

Insbesondere für einen Teil der Selbständigen führte die Corona-Pandemie zu Einbußen bei ihren Markteinkommen. Während der Krise wurden in kurzer Zeit vielfältige staatliche Maßnahmen ergriffen, um die verfügbaren Einkommen der Selbständigen zu stabilisieren. Damit sich zukünftig mehr Selbständige selbst absichern, könnte die Attraktivität der freiwilligen Absicherung in der Arbeitslosenversicherung durch eine Ausweitung der Anmeldefrist und Anpassung der Beiträge gestärkt werden. Ziffern 313 FF.

Geeignetes Umfeld für die Transformation schaffen

(15) Für eine effiziente Transformation sind geeignete Rahmenbedingungen essenziell. Dazu gehört insbesondere ein stabiles und möglichst resilientes makroökonomisches Umfeld. Um auf zukünftige Krisen umfangreich fiskalisch reagieren zu können, sollte die Fiskalpolitik nach der Krise wieder normalisiert werden, ohne die wirtschaftliche Erholung zu gefährden. Ziffer 92 In Deutschland wurde zurecht mit der Ausnahmeklausel der Schuldenbremse fiskalischer Spielraum zur Krisenbewältigung geschaffen, der nach aktueller Prognose spätestens ab dem Jahr 2023 nicht mehr benötigt wird. Die Finanzierung fiskalischer Stabilisierungsmaßnahmen wurde zudem durch die flexible Anwendung der europäischen Fiskalregeln mit Hilfe der allgemeinen Ausnahmeklausel unmittelbar in der Krise ermöglicht. Zur weiteren Anwendung sowie möglichen Reformen der aktuell gültigen europäischen Fiskalregeln stellt der Sachverständigenrat zwei unterschiedliche Vorgehensweisen zur Diskussion. Ziffern 116 FF. UND 130 FF.

Damit die Geldpolitik sich weiterhin primär auf die Wahrung der Preisstabilität konzentrieren und so ihren Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum leisten kann, muss die Fiskalpolitik die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen sicherstellen. Ziffer 152 Um die Fiskalpolitik in den Mitgliedstaaten sowie die Finanzmarktakteure auf eine zukünftig weniger expansive Geldpolitik vorzubereiten, sollte die Zentralbank zeitnah eine Ausstiegsstrategie aus den sehr expansiven geldpolitischen Maßnahmen kommunizieren. Ziffern 181 FF.

(16) Die weitere Vertiefung des europäischen Binnenmarkts ist für die Transformation ebenfalls von großer Bedeutung, insbesondere um die Innovationstätigkeit und die Verbreitung von Geschäftsmodellen in der Datenökonomie und der Technologien für den Klimaschutz in Deutschland und Europa zu fördern. So sollte ein sicherer Zugang zu und Handel mit Daten sowie, vor dem Hintergrund zunehmender Konzentrationstendenzen, ein effektiver und fairer Wettbewerb auf digitalen Märkten sichergestellt werden, wie durch den Digital Markets Act angestrebt. Ziffer 480 Um Cyberrisiken zu adressieren, die mit steigender Bedeutung der Datenökonomie zunehmen, sollte die EU-weite Vereinheitlichung eines Zertifizierungssystems für Cybersicherheit vorangetrieben werden. Ziffer 500 Für informierte und rationale Konsumentenentscheidungen auf Online-Märkten bedarf es außerdem verbesserter Verbraucherschutzstandards. Ziffer 495

Viele wirtschaftspolitische Initiativen wurden zuletzt häufiger mit der Stärkung technologischer Souveränität motiviert. Ein solches Bestreben darf jedoch keinesfalls grenzüberschreitende Spezialisierungsvorteile und internationale Arbeitsteilung in Frage stellen. Nur über den Wettbewerb und die europäische und internationale Zusammenarbeit kann sichergestellt werden, dass über Technologien souverän verfügt werden kann und Gestaltungsfreiheit bei deren Entwicklung und Nutzung besteht. Ziffer 496 Auch im Bereich der Klimapolitik sollte es nicht primär darum gehen, sich in der Energieversorgung unabhängig zu machen. Erneuerbare Energien bieten vielmehr die Möglichkeit, die eigene Energieabhängigkeit international zu diversifizieren. Ziffer 549

(17) Um die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Corona-Krise zu unterstützen, hat die EU die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) eingerichtet. Ziffern 190 FF. Die ARF bietet den Mitgliedstaaten die Chance, resilienter, zukunftsfähiger und mit nachhaltig höherem Wachstum aus der Krise hervorzugehen. Neben der Bereitstellung finanzieller Mittel kommt dem Fokus auf Reformen in allen EU-Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle zu. Maßgeblich wird der Beitrag zur Transformation davon abhängen, inwiefern die angekündigten strukturellen Reformen in den Aufbauplänen effizient umgesetzt werden. Die Europäische Kommission sollte bei der Auszahlung der Gelder darauf hinwirken. Ziffer 194

Die von der ARF angestoßenen Investitionen für eine klimaneutrale Wirtschaft sollten auf europäischer Ebene von einer Stärkung des CO2-Preises begleitet werden. Mit einer Ausweitung des Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) kann dieses ein sektor- und regionenübergreifendes Preissignal für die Einsparung von Treibhausgasemissionen in der EU bereitstellen. Zudem kann es als Anknüpfungspunkt für die internationale Klimakooperation, etwa innerhalb eines Klimaklubs, dienen. Ziffer 614

(18) Um die Transformation effektiv gestalten zu können, ist es essenziell, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen auf wissenschaftlicher Evidenz basieren. Dafür sollte die Transparenz und wissenschaftliche Evaluation in vielen Bereichen erhöht werden, sodass Wählerinnen und Wähler die Auswirkungen von Politikmaßnahmen beurteilen können. So kann beispielsweise Deutschland vom Wettbewerb der Bildungssysteme im Föderalismus profitieren, wenn die Transparenz durch eine stärkere Evaluation erhöht wird. Hierfür bedarf es einer verbesserten und zugänglicheren Bildungsdateninfrastruktur sowie einer besseren Vergleichbarkeit von Abschlüssen und Lernstandserhebungen. Ziffern 376 f. Des Weiteren sollten für die im Zuge der Corona-Pandemie eingeführten Maßnahmen detaillierte Daten verfügbar gemacht und zeitnah evaluiert werden. So könnten beispielsweise Analysen zur Zielgenauigkeit der Unterstützungsmaßnahmen durchgeführt werden, die zur stärkeren Evidenzbasierung zukünftiger Politikmaßnahmen beitragen würden. Kasten 25 Um die öffentliche Debatte über die Priorisierung der öffentlichen Ausgaben zu unterstützen, sollte die Transparenz über deren Ausgestaltung, deren Entwicklung und der erwarteten Effekte gestärkt werden, sowie Best-Practice-Lösungen durch eine kontinuierliche Evaluierung über Regionen und Kommunen hinweg identifiziert werden. Ziffern 205 ff. Nicht zuletzt bei der Digitalpolitik wird der Bedarf an einer stärkeren Kohärenz und strategischen Priorisierung von Maßnahmen mit überprüfbaren Meilensteinen deutlich. Eine übergreifende Strategie wäre erforderlich, um auf Bundesebene Verantwortlichkeiten besser zu bündeln und Doppelstrukturen entgegenzuwirken. ZifferN 502 FF.

Chancen der Transformation nutzen

(19) Innovationen sind zentral, um die vielfältigen Transformationsprozesse voranzutreiben. Zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens wird es darauf ankommen, neue Technologien zur Marktreife zu bringen und schnell weltweit verfügbar zu machen. Die Gewinnung erneuerbarer Energien und ihr Transport in Form von Wasserstoff oder synthetischen Energieträgern können den Weg zur Klimaneutralität ebnen und zugleich europäischen und deutschen Unternehmen neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Ziffern 537 ff. Die Grundlagen dafür können schon heute etwa mit bilateralen Partnerschaften gelegt werden. Ziffern 583 ff. Klimaschädliche Subventionen verzerren hingegen den Handel ZifferN 574 FF. und verhindern Innovationen bei Technologien, die für die Lösung des Klimaproblems relevant sind. Deutschland und Europa sollten sich verstärkt dafür einsetzen, dass diese Subventionen überall abgebaut werden.

(20) Die wirtschaftliche Nutzung von Daten ist immer öfter Grundlage von Innovationen und Wettbewerbsvorteilen in weiten Teilen der Wirtschaft. Gerade in der Industrie werden datenbasierten Geschäftsmodellen, insbesondere im Bereich Internet of Things, große Potenziale zugeschrieben. ZifferN 438 FF. Durch die Corona-Pandemie bekam die Digitalisierung in Deutschland zudem einen Schub. Diesen gilt es nun zu nutzen und die Entwicklung einer datenbasierten Wirtschaft zu unterstützen. Um die Verfügbarkeit von Daten als Produktionsfaktor zu erhöhen, müssen die Bedingungen für das Teilen und gemeinschaftliche Nutzen von Daten verbessert werden. ZifferN 474 FF. Die Entwicklung und Erprobung der in den Datenstrategien der Bundesregierung und der EU geplanten Datenräume und ‑treuhändermodelle sollte deshalb zügig vorangetrieben werden. Ziffer 477 Außerdem sollte der öffentliche Sektor Defizite bei der Verfügbarkeit öffentlicher Verwaltungsdaten abbauen und eine kohärente und übergreifende Digitalstrategie verfolgen. Ziffern 479 und 502 FF.

(21) Für die Umsetzung der Transformationsprozesse werden beträchtliche Investitionen zum Ersatz oder für die Erweiterung des bestehenden Kapitalstocks notwendig sein. Von diesen kann ein Impuls für das Wirtschafts- und Produktivitätswachstum ausgehen. Für die Investitionen des Privatsektors werden wachstumsfreundliche und verlässliche Rahmenbedingungen zentral sein. Ziffern 195 ff. Zusätzlich werden zielgerichtete öffentliche Investitionen insbesondere in die Infrastruktur für die Transformation hin zur digitalen und klimaneutralen Wirtschaft notwendig sein. Neben dem Ausbau der Breitband- und Dateninfrastruktur beinhaltet dies etwa die Infrastruktur für die Erzeugung und den Transport erneuerbarer Energien. Ziffer 198 f. Öffentliche Investitionen sind zudem notwendig, um Anreize für private Investitionen zu setzen und diese zu hebeln. Es kommt darauf an, die zukunftsorientierten öffentlichen Ausgaben zu priorisieren. Die vielfältigen nicht-monetären Hemmnisse sollten abgebaut werden. Dazu kann etwa eine Vereinfachung von Planungs-, Genehmigungs- und Gerichtsverfahren und eine Bündelung von Kapazitäten und Expertise in operativ unabhängigen Institutionen beitragen. Ziffern 200 ff. Zur Mobilisierung von privaten und öffentlichen Investitionen im Kontext der Schuldenbremse stellt der Sachverständigenrat zwei Vorgehensweisen zur Diskussion. Ziffern 206 FF. und 229 FF.

(22) Für eine erfolgreiche Transformation ist die internationale Kooperation entscheidend. Vielen der Herausforderungen kann nur auf internationaler Ebene erfolgreich begegnet werden. So ist ein Klimaklub eine Option, Fortschritte beim Klimaschutz zu realisieren und die internationale Koordination der Klimapolitik institutionell besser zu verankern. Dies könnte dazu beitragen, Carbon Leakage und Wettbewerbsverzerrungen zu reduzieren. Ziffern 613 ff. Um Fortschritte bei der globalen Kooperation zu erzielen, sollten zudem der Lastenausgleich, etwa durch Transfers von fortgeschrittenen Volkswirtschaften an Entwicklungs- und Schwellenländer, Technologiekooperationen und der Aufbau klimafreundlicher Wertschöpfungsketten im Fokus stehen. Ziffern 559 ff. Für einen effizienten Klimaschutz ist eine transparente und nachvollziehbare Messung von Treibhausgasemissionen sowie die Etablierung von internationalen Mess- und Schätzstandards eine Voraussetzung. Kasten 32 Die Kooperation mit den USA könnte auch im Hinblick auf die Konzentrationstendenzen auf digitalen Plattformmärkten sinnvoll sein. Die derzeit in der EU und den USA erarbeiteten Regulierungsvorschläge sollten in engem Austausch weiter­entwickelt und stärker aufeinander abgestimmt werden, um die transnationalen Aktivitäten der Big-Tech-Unternehmen besser zu erfassen. Ziffer 480

Erstes Kapitel

KONJUNKTUR: ANGEBOTSSEITIGE ENGPÄSSE DÄMPFEN WACHSTUM

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Vielfältige Liefer- und Kapazitätsengpässe führen zu Störungen in den globalen Wertschöpfungsketten und dürften die Industrieproduktion teilweise ins Jahr 2022 verschieben.
  • Die infolge der konjunkturellen Entwicklung und der Engpässe stark gestiegenen Erzeugerpreise dürften bis ins nächste Jahr hineinwirken und die Verbraucherpreisinflation hoch halten.
  • Der Sachverständigenrat erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in diesem Jahr um 2,7 % und im Jahr 2022 um 4,6 % steigt. Für den Euro-Raum rechnet er mit 5,2 % beziehungsweise 4,3 % Wachstum.

Zweites Kapitel

FISKAL- UND GELDPOLITIK NACH DER CORONA-KRISE NORMALISIEREN

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Die Schuldenquoten der EU-Mitgliedsstaaten sind in der Corona-Pandemie teils stark gestiegen. Tragfähigkeit und Krisenresilienz der Staatsfinanzen sollten wieder gestärkt werden.
  • Die Geldpolitik trägt zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum am besten durch Sicherstellung der Preisstabilität bei. Dazu sollte sie eine Normalisierungsstrategie veröffentlichen.
  • Um die Transformation zu meistern, sollten die Rahmenbedingungen für private Investitionen verbessert und zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben priorisiert werden.

Drittes Kapitel

CORONA-KRISE, EINKOMMENSVERTEILUNG UND BILDUNGSCHANCEN

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen ist in der Corona-Krise nach vorläufigen Befunden aufgrund sozialstaatlicher Maßnahmen nicht angestiegen, wenngleich geringfügig Beschäftigte, Geringqualifizierte und Selbständige besonders negativ betroffen waren.
  • Am Arbeitsmarkt gilt es, Weiterbildungsangebote auszubauen sowie stärkere Anreize zur Weiterbildung und zur Erwerbstätigkeit von Zweitverdienenden zu setzen.
  • Umfangreiche und gezielte Bildungsinvestitionen und -reformen sind erforderlich, um pandemiebedingte Bildungsrückstände auszugleichen und die Chancengleichheit zu erhöhen.

Viertes Kapitel

PRODUKTIVITÄT: CORONA-KRISE UND STRUKTURWANDEL

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • In der Corona-Krise ist, anders als in vergangenen Rezessionen, der Arbeitsplatzabbau und die Anzahl der Marktaustritte und damit die Reallokationsdynamik zurückgegangen. Ein Nachholeffekt in größerem Umfang ist aktuell nicht zu erwarten.
  • Um den Strukturwandel zu unterstützen, sollten die Rahmenbedingungen für Gründungen, geordnete Marktaustritte und die Mobilität von Beschäftigten verbessert werden.
  • Um das Potenzial einer beschleunigten Digitalisierung zu heben, ist eine kohärente Strategie und Priorisierung wie zum Beispiel ein sicherer Zugang zu Daten und Technologie erforderlich.

Fünftes Kapitel

GLOBALER KLIMASCHUTZ: RAHMENBEDINGUNGEN UND HANDLUNGSOPTIONEN

WICHTIGSTE BOTSCHAFTEN
  • Der Klimaschutz ist eine globale Herausforderung. Die Risiken des Klimawandels sowie die wirtschaftlichen Chancen der notwendigen Transformation sind weltweit heterogen verteilt.
  • Fortschritte bei der globalen Kooperation sollten durch Lastenausgleich und Technologiekooperationen befördert werden. Dies dürfte private Investitionen weltweit deutlich stärken.
  • Die Gründung eines Klimaklubs sowie Investitionsschutzabkommen sind wichtige Elemente internationaler Klimapolitik. Handelsabkommen sollten der engen Verflechtung zwischen Handel und Klima Rechnung tragen. Hierbei müssen aber Kosten und Nutzen abgewogen werden.
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